„Anna, ich habe Angst um Dich“

Ein bewegender Film schildert das Leben der Augsburger Widerstandskämpferin Anna Pröll

 

Schon oft wurde Anna Pröll von Lehrern, Schülern und Freunden gedrängt, ihre Erinnerungen an die Zeit des Faschismus aufzuzeichnen. Hatte sie früher regelmäßig Vorträge vor Schulklassen halten können, so müssen die Schüler die heute 85 jährige Widerstandskämpferin in ihrer Augsburger Wohnung besuchen. Anna Prölls Sohn Josef hat nun zusammen mit dem Historiker Wolfgang Kucera einen bewegenden Film über das Leben seiner Mutter gedreht.

Der 90-minütige Dokumentarfilm wurde durch eine Vielzahl von Spenden unter anderem von der IG Metall und den KZ-Gedenkstätten in Moringen, Dachau, Buchenwald und  Natzweiler ermöglicht. Eine Kurzfassung von 40-Minuten wurde eigens zur Aufführung in Schulen entwickelt. Als Titel vorangestellt wurde dem Film der Ausspruch einer Lehrerin Anna Prölls: „Anna, ich habe Angst um Dich“ – eine nur zu berechtigte Befürchtung.

 

Aufgewachsen war Anna Pröll in den Augsburger Textilvierteln. Ihr Vater Karl Nolan, ein Webmeister, war im Ersten Weltkrieg zum Pazifisten geworden. Anfang der 30er Jahre schloss er sich der KPD an. „Unter Protest“ sei auch sie zur Kommunistin geworden, berichtet Anna Pröll. Eigentlich habe sie im Auftrag der Mutter den Vater aus den Versammlungen der Kommunisten herausholen und nach Hause bringen sollen. Der jedoch dachte nicht daran zu gehen und seine 14-jährige Tochter war gezwungen, sich die Reden der KPD-Agitatoren anzuhören. Im Gegensatz zu den Warnungen ihrer sozialdemokratischen Onkels klangen die Forderungen der Kommunisten nach Frieden und sozialer Gerechtigkeit sehr vernünftig. Ohne ihren Vater zu informieren trat Anna am Internationalen Frauentag dem 8.März 1932 in den Kommunistischen Jugendverband ein.

 

In den Schulungen des Kommunistischen Jugendverbandes wurde über Hitlers „Mein Kampf“ diskutiert. So hatten die Augsburger Jungkommunisten keine Illusionen darüber, was die Hitlerdiktatur für die Arbeiterschaft bedeuten würde. Nach der
Ermordung eines kommunistischen Stadtrates durch die SA nahm Anna zusammen mit zwei weiteren Jungkommunisten den illegalen Kampf gegen den Faschismus auf. Parolen wurden an Häuserwände gemalt und auf einer nachts mit dem Fahrrad aus München herbeigeschafften Schreibmaschine Flugzettel verfasst.

Wegen der Inhaftierung ihrer Eltern könne sie den Schulunterricht leider nicht besuchen, schrieb Anna damals der Schulleitung. Ihr Vater war wegen Wehrkraftzersetzung zuerst in Augsburg inhaftiert und später ins KZ Dachau gebracht worden, wo ihn die SS 1937 ermordete. Annas Mutter wurde mehrfach im Augsburger KZ-Gefängnis Katzenstadel eingesperrt. Bei einem Bombenangriff auf Augsburg kam sie im Krieg um.

Nach einer Großrazzia im Arbeiterviertel Wertach Vorstadt wurden auch Anna und ihre Genossen am 1. September 1933 verhaftet. „Ein Mädchen die Seele des Ganzen“ kommentiert eine Tageszeitung die Zerschlagung der Widerstandsgruppe.

Die 17-Jährige wurde wegen Vorbereitung zum Hochverrat verurteilt. Nach fast zwei Jahren Einzelhaft im Aichaer Gefängnis wurde sie ins Frauen-KZ Moringen eingeliefert. Zenta Beimler, die Frau des aus dem KZ-Dachau geflohenen Hans Beimler, gehörte zu ihren Zimmergenossinnen. Nach eineinhalb Jahren im KZ kam Anna frei.

Zurück in Augsburg verliebte sie sich in den Rote-Hilfe-Aktivisten Josef Pröll, den sie trotz der Drohungen durch die Gestapo heiratet. 1939 kam das erste Kind zur Welt. Doch zu Kriegsbeginn wurde Josef im KZ-Buchenwald inhaftiert wo er 1945 als Mitglied der illegalen Lagerleitung an der Selbstbefreiung mitwirkte. Seine beiden Brüder hatten das KZ nicht überlebt.

Die Nachkriegszeit wurde für Anna und Josef Pröll zur erneuten Prüfung. Als ehemalige „KZler“ wurden sie ausgegrenzt. Niemand wollte ihnen eine Wohnung geben. Die Hetzte des NS-Regimes wirkte in den Köpfen der einstmaligen Mitläufer nach. Josef, der 1984 starb und Anna Pröll blieben aktiv in der KPD, später in der DKP sowie der VVN.

 

Nikolaus Brauns

 

 

Kontakt: Josef Pröll, Wilhelm-Busch-Weg 7, 86368 Gertshofen; Tel. 0821-491546; Fay 0821-471137. Der Film „Anna, ich habe Angst um Dich“ kostet als Videokassette inklusive Versandkosten 44,90 €