Logik des Terrors?

Peter Althammers Reportage über den "Schmutzigen Krieg" in Kurdistan betreibt Desinformation

Die Ankündigung des Senders Phoenix zu Peter Althammers am Sonntag 11.Oktober gesendeten Dokumentation "Schmutziger Krieg – Geheimoperationen in der Türkei" klang vielversprechend. "Von 1993 bis 1999 führte das türkische Militär einen kompromisslosen Kampf gegen die kurdische PKK. Sie waren für die schmutzigsten Operationen gegen die kurdische PKK im Südosten der Türkei zuständig: Die Mitarbeiter des türkischen Militärgeheimdienstes JITEM. Die genaue Zahl ihrer Opfer ist unbekannt, es sollen Hunderte, vielleicht sogar Tausende sein. Eines der dunkelsten Kapitel in der jüngsten türkischen Geschichte wird langsam aber sicher juristisch aufgearbeitet."

Leider leistet die Reportage Althammers einer Aufarbeitung des "schmutzigen Krieges" einen Bärendienst. "Die staatliche Logik folgte der Logik des Terrors", so der Tenor von Althammers Film. Ursächlich für die Entstehung der Konterguerilla, für Todesschwadronen und Dorfzerstörungen ist für ihn der "Terror" der PKK.

Dass seit dem 12. September 1980 eine blutige Militärdiktatur in der Türkei herrschte, dass tausende kurdische Freiheitskämpfer und türkische Linke in den Knästen des Regimes gefoltert und massakriert wurden, dass Mitte der 80er Jahre keinerlei demokratische politische Aktivitäten in Bezug auf die kurdische Frage möglich waren – diese Hintergründe für den Beginn des bewaffneten Kampfes in Kurdistan im Jahr 1984 verschweigt Althammer.

In Wirklichkeit existierten die Gladio-Einheiten der NATO, aus denen sich JITEM und andere Strukturen des "tiefen Staates" bildeten, schon lange vor Aufnahme des bewaffneten Kampfes der PKK. So massakrierten solche Konterguerillaeinheiten am 1.Mai 1977 auf dem Istanbuler Taksim-Platz Dutzende Gewerkschafter – ein Jahr vor Gründung der PKK.

Am 21. März 1992 griff die PKK die Städte Cizre und Sirnak "mit schweren Waffen an", behauptet Althammer in völliger Verdrehung der Tatsachen. In Wirklichkeit beschoss die türkische Armee damals mit Schützenpanzern die friedlich ihr Newroz-Fest feiernden Menschen und ermordete mehr als 50 von ihnen. Dies ist auch auf den gezeigten Filmaufnahmen zu erkennen. Anschließend bombardierte die türkische Armee die Kleinstadt Sirnak mit Panzern und Artillerie. Die Einschüsse lassen sich noch heute an Gebäuden rund um den zentralen Platz der Stadt erkennen. Der türkische Generalstab behauptete damals auch die PKK sei für den Beschuss kurdischer Städte verantwortlich gewesen. Das war schon damals unglaubwürdig, schließlich verfügte die Guerilla über keine Panzer, Kampfhubschrauber und Artillerie, wie sie bei der Bombardierung zum Einsatz kamen. Dagegen war die türkische Armee mit Hilfe deutscher Waffenlieferungen hochgerüstet worden und die Killerkommandos der Konterguerilla wurden auch in Deutschland von Bundeswehr und GSG9 ausgebildet.

Nick Brauns