30.03.2006 / Ausland / Seite 7
Molotowcocktails gegen Panzer
Straßenschlachten nach Guerillabegräbnis in der Osttürkei
Von Nick Brauns, Ankara
Nach der Beerdigung gefallener Guerillakämpfer kam
es am Dienstag in der kurdischen Millionenstadt Diyarbakir im Südosten
der Türkei zu Straßenschlachten zwischen wütenden Demonstranten und der
Polizei. Die Sicherheitskräfte sprachen von einer der schwersten
Auseinandersetzungen seit Jahren. Tausende Demonstranten hatten vier am
Wochenende getöteten Guerillakämpfern das letzte Geleit gegeben. Im
Trauerzug wurden Fahnen der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK
geschwenkt. Die Demonstranten skandierten Parolen wie »Märtyrer sind
unsterblich« und »Es lebe unser Vorsitzender Öcalan«. Kleine
Ladenbesitzer hatten aus Solidarität mit den Trauernden ihre Läden
geschlossen.
Im Anschluß an die Beerdigung attackierten wütende
Demonstranten die Sicherheitskräfte. Panzerwagen wurden mit
Molotowcocktails in Brand gesetzt und die Fenster von Banken, einer
Polizeiwache und der Zentrale der faschistischen MHP-Partei
eingeworfen. Auch große Geschäfte, die nicht geschlossen hatten, wurden
verwüstet. Die Polizei antwortete mit Knüppeln und Tränengas.
Nach
Angaben der halbamtlichen Agentur Anadolu sollen rund 40 Menschen zum
Teil schwer verletzt worden sein, darunter zwei Polizisten durch
Messerstiche. Auch zwei Babys wurden nach Angaben der kurdischen
Agentur DIHA durch Gasbomben der Polizei verletzt. Mindestens 23
Demonstranten wurden festgenommen.
Auch in Adana kam es zu
Auseinandersetzungen zwischen den 3 000 Teilnehmern einer
Trauerdemonstration und den Sicherheitskräften. Die unter großer
Anteilnahme der Bevölkerung zu Grabe getragenen Guerillakämpfer
gehörten zu einer Gruppe von 14 Guerilleros, die am Wochenende in ihrem
Winterlager bei Mus von der Armee getötet wurden. Nach Angaben des
Oberkommandos der Kurdischen Volksverteidgungskraefte HPG hatte die
Armee dabei chemische Waffen eingesetzt. Das Massaker würde nicht
unbeantwortet bleiben, hieß es in einer Kondolenzbotschaft der HPG an
die Angehörigen der Gefallenen.