Junge Welt 31.05.2012 / Sport / Seite 16

Guerilla-Training

Der indigene Fußballverein Pachakuti aus Bolivien

Von Nick Brauns

 

Pachakuti – das bedeutet in der Sprache der Aymara im bolivianischen Anden-Hochland »zurück zu den Ursprüngen«. Dies ist nicht nur der Name einer Bewegung für die Selbstbestimmung der indigenen Bevölkerung, sondern auch des einzigen Fußballvereins mit ausschließlich indigenen Spielern in Bolivien. Gründer des Vereins ist der legendäre ehemalige Guerillero, Gewerkschaftsführer und Anführer der indigenen Bewegung, Felipe Quispe Huanca. Der heute 70jährige »El Mallku« (»ursprüngliche Autorität«) finanzierte nach seiner Wahl ins Parlament ab 2002 die ersten Fußballschulen im Hochland aus seinen Abgeordnetendiäten. Als eine Spielerauswahl sich im Jahr 2003 recht wacker gegen den Erstligisten Club Bolivar aus La Paz schlug, wurde die Gründung des Fußballvereins beschlossen. Neben sportlicher Leidenschaft verbindet Quispe mit den Fußballschulen auch das politische Ziel der Herausbildung indigener Führungspersönlichkeiten. Denn obwohl ihre Aufstände in den Jahren 2000 bis 2005 wesentlich zur Bildung der linken Reformregierung von Evo Morales beigetragen haben, beklagt die indigene Bevölkerungsmehrheit Boliviens weiterhin rassistische Diskriminierung. Und Quispe hält Morales gar für einen »angepaßten Indio«, der die oligarchischen Strukturen des Landes zu wenig antaste.

Die Spieler aus der Region um Achacachi am Titicaca-See sind meist Bauern, einige noch Schüler, die am Wochenende Gemeinschaftsarbeiten in ihren Dörfern verrichten – trotzdem spielt der Klub mittlerweile in der Zweiten Liga. Rassistische Anfeindungen stehen auf der Tagesordnung, und selbst zu ihren Heimspielen müssen die Pachakuti-Spieler ins drei Stunden entfernte La Paz fahren, da sich die anderen Clubs weigern, im Stadion von Achacachi zu spielen. Das verursacht immense Kosten. Doch Quispe bleibt gelassen: »Man darf nicht vergessen, daß ich Trainer von Guerilleros war«, erklärt er. »Wir mit unseren platten Nasen, die wir manchmal von anderen Clubs nicht akzeptiert werden wegen unserer Hautfarbe oder unserer Namen, wir werden die in die Profiliga gelangen und allen zeigen, zu was wir fußballerisch fähig sind